Städtereisen mit dem Fahrrad
Städtereisen mit dem Fahrrad oder dem Liegerad. Ist das überhaupt ein Thema? Wenn ich mich in meinem Bekanntenkreis umsehe, dann fährt man eigentlich eher am Rhein, der Elbe, der Mosel, der Donau entlang, entdeckt bestimmte Regionen und Gebiete oder den „…- Radweg“. Fast nie hört man Aussagen wie: Wir fahren mit dem Rad nach Amsterdam, Brüssel, Paris, London usw.
Städtereisen sind offensichtlich typische Auto-, Bus-, Flug- oder Zugreisen. Aber warum eigentlich nicht mit dem Fahrrad? Dass man das kann, und dass mir Städtereisen immer wieder viel Spaß gemacht haben, und vielleicht einen ganz besonderen Reiz darstellten, möchte ich Euch heute einmal erzählen.
Nach … oder in … geht gut! – Aber Durchqueren geht gar nicht!
Klar ist wohl, dass Radfahren eigentlich regelmäßig mit Erholung, Ruhe und Entspannung in Verbindung gebracht wird. Und vielleicht verbindet man ja mit Großstädten eigentlich eher Hektik, Lautstärke, Verkehrsstau etc. Dabei zeigen gerade jüngste Beispiele in verschiedenen Großstädten große positive Veränderungen.
Aber man glaubt auch zu wissen: Die großen Städte sind nur für das Auto und den Verkehr gemacht! Dabei gibt es im Innern der Städte immer wieder viele Möglichkeiten, das Fahrrad verkehrsberuhigt zu nutzen.
Ich kann Euch versprechen, man kann wirklich gut auch eine große Stadt erkunden. Man kommt schnell von A nach B, deutlich schneller als ein Fußgänger, und mit weniger Stress verbunden als mit dem Auto, ohne Parkplatzsuche, ohne zusätzliche Kosten und Risiken. Und man hat jederzeit die Möglichkeit, für einen Kirchen- oder Cafébesuch seine Route zu unterbrechen und später wieder fortzusetzen.
Nur – was nicht funktioniert, ist, wenn man auf seiner Reise von A nach B eine Großstadt durchqueren und dabei gleichzeitig die Stadt erkunden will. Dann wirst DU merken, dass der Straßenverkehr in der Peripherie, vor und nach der eigentlichen Innenstadt, Dir sämtliche Freude an der Tour nimmt, zu viel Zeit kostet und letztlich hast DU nicht die Ruhe, um wirklich etwas entspannt zu besichtigen. Wer hat schon Zeit, einen Tag für die Anfahrt zum Zentrum und einen Tag für die Abfahrt vom Zentrum einzuplanen. Und in der Peripherie musst Du fast immer viele Autoschnellstraßen, Vororte passieren und stressigen Autoverkehr erleben.
Übrigens, dieser Artikel ist unter „burkhards radetappen“ auch als Podcast auf Spotify, Apple Podcasts, Anchor und Google Podcasts verfügbar.
Ich will Euch einmal ein paar Beispiele aus meiner Erfahrung in alphabetischer Reihenfolge geben. Fangen wir einmal an mit:
Amsterdam
Amsterdam habe ich mehrfach angefahren. Allerdings von uns in der Grafschaft Bentheim auch nicht so schwer zu erreichen. Auch wenn man nach den touristisch ausgerichteten Knotenpunkten anreist, ist Amsterdam je nach Endpunkt in ca. 200 km erreichbar. Ich habe Amsterdam mit meinen vier Rennradkollegen als Endziel angefahren, dagegen auf dem Weg rund um das IJsselmeer einige Jahre später fuhren wir vier auf dem Rennrad an Amsterdam vorbei. Zeit für eine Stadtbesichtigung hätten wir hier nicht gehabt.
Übrigens: Was sind Knotenpunkte? Eine Erklärung findest Du in dem Link vom ADFC.
Amsterdam lohnt sich immer mit dem Rad. Man kann das Radfahren genießen. Und man ist auch Teil der Radfahrergemeinschaft. Ein Auto würde die Reise nach Amsterdam nur verteuern.
Einmal sollte Amsterdam ein geplanter Endpunkt für unsere Schokoladenabholaktion werden. Leider ist es wegen Corona nicht dazu gekommen. Siehe den Link zu dieser Aktion. Www.schokolatemakers.nl
Brüssel
Mit mehreren Freunden fuhren wir auf dem Rennrad nach Brüssel. Einen kleinen humorvollen Beitrag aus meinem Buch und Hörbuch: „Die außergewöhnlichen Radtouren eines Bürokraten“ füge ich hier einmal ein:
Zusammen mit meinem Kumpel Lorbass durchquerten wir ein anderes Mal Brüssel auf dem Weg nach Paris. Und da haben wir auch schon das oben beschriebene Phänomen. Wir hatten viel zu wenig Zeit für Brüssel und eben viel Zeit verloren, nur um einmal noch das „Männeken PiS“ zu sehen.
Berlin
Berlin habe ich ebenfalls mehrfach angesteuert – Berlin war einmal Endpunkt und Anfang auf meiner Reise in Etappen nach Gomel in Belarus (Weißrussland). Wir hatten früher nahezu 10 Jahre regelmäßig Besuch von zwei Kindern aus den vom Tschernobyl-Unglück betroffenen Regionen. Später habe ich dann einmal beschlossen, die Familien in Gomel in Belarus mit dem Liegerad zu besuchen. Ich habe die Strecke in Etappen angesteuert, weil ich schon damals das Etappen-radeln favorisierte, anderseits die besonderen Einreisebedingungen nach Belarus eine unkomplizierte Einreise mit dem Rad unmöglich machten. Einige Jahre früher radelte ich auf meinem Liegerad „Quer durch Deutschland“ von der westlichsten Agentur für Arbeit bis zur östlichsten Agentur für Arbeit, um für die Vermittlung von Menschen mit Behinderungen aufmerksam zu machen. Neuenhaus-Berlin.
Die vollständigen Geschichten kannst Du in meinem Buch „Die außergewöhnlichen Reisen eines Bürokraten“ lesen oder in meinem gleichnamigen Hörbuch hören.
Carcassonne
Auch für Carcassonne hatten wir wenig Zeit zur Verfügung. Unsere Reise auf Klapprädern am Canal du Midi entlang stand im Mittelpunkt unserer Unternehmung. Ruhe und Zeit für ausführliche Besichtigungen in Carcassonne fanden wir nicht wirklich. Und so müssen wir uns heute den Vorwurf eines „Kunstbanausen“ gefallen lassen.
Hannover
Beruflich hatte ich immer wieder einmal das Vergnügen, nach Hannover reisen zu müssen. Später habe ich erkannt, dass die Wege vom Bahnhof zu den jeweiligen Besprechungsterminen deutlich angenehmer und schneller mit dem Faltrad zu fahren sind als mit öffentlichen Verkehrsmitteln.
Als Hannover zum Austragungsort der Expo wurde, bin ich zur Expo geradelt. Diese Passage kommt aus meinem Buch und Hörbuch „Die außergewöhnlichen Radtouren …
Und als Zwischenstopp auf meinem Weg nach Gomel habe ich ebenfalls Hannover besucht.
Inzwischen hat sich Hannover noch weiter als Fahrradstadt entwickelt. Der aktuelle Bürgermeister Onay hat die Chancen für Hannover erkannt und eine, wie ich finde, gute Konzeption entwickelt. Ich bin mehr und mehr stolz auf die Stadt und empfehle wirklich, Hannover einmal mit dem Rad zu erleben. Die Eilenriede, die Herrenhäuser Gärten, der Maschsee – ohnehin alles in der Stadt vorhandene Naherholungsgebiete. Mit dem Fahrrad kann man erst recht Hannover erleben.
Istanbul
Istanbul ist mit seinen offiziell 16 Mio. Bürgern (inoffiziell soll die Einwohnerzahl deutlich höher sein) eine riesige Stadt mit riesigen Ausmaßen. Auch hier gilt, anfahren ja, durchfahren nicht wieder. Ich bin einmal bis Istanbul geradelt. Und es war eine zeitraubende und nicht ungefährliche Anfahrt bis zum Hotel im Zentrum, und eine ebenso riskante Überfahrt zum Flughafen auf der asiatischen Seite. Mehrfach musste ich mit dem Liegerad auf eine Autobahn ausweichen. Im Jahr danach bin ich vom Flughafen Istanbul und mit einer Fähre relativ unkompliziert bis nach Antalya weitergeradelt. Hier sind Ausschnitte aus meinem Buch und Hörbuch zu diesen Reisen.
Als mein Kumpel und ich nach der langen Radtour in Istanbul mit dem Rad unterwegs waren, entleerte sich ein Kreuzfahrtschiff mit soeben angekommenen Fahrgästen und siehe da – aus dem Schiff kamen uns ebenfalls ca. 50 Touristen mit Leihrädern des Schiffes entgegen. Wie selbstverständlich hatten sie sich wohl für einen Landausflug mit dem Fahrrad entschieden. Wir waren zunächst sehr irritiert, und dann natürlich besonders stolz, die gesamte Anreise schon mit dem Fahrrad geschafft zu haben.
An dieser Stelle unterbreche ich meine Städtereise. Im nächsten Artikel beschreibe ich noch meine Städtereisen nach bzw. in Jerusalem, München, Paris, Palma de Mallorca, Rom, Thessaloniki und Warschau.
“Die wahren Abenteuer im Leben passieren nur im Kopf – n u r im Kopf”!
(Mein Mitfahrer Martin D. unterwegs auf der Radtour nach Berlin)