Ideales Reisewetter!?
„Der viertwärmste August seit der Temperaturaufzeichnung” wird man später über den vergangenen Monat lesen können. Ideales Reisewetter, um eine Radtour zu planen und eine unbekannte Landschaft zu erfahren. Um den Genuss noch zu toppen, fuhr ich nicht mit einem normalen Fahrrad, sondern mit meinem Liegerad-Trike. Also „Bequemlichkeit pur”! Das Trike aus dem Hause „SpecBike Technics“ besitze ich noch nicht soooo lange, und so kamen bisher eher Tandem oder Klapprad für meine spontanen kürzeren Radtouren zum Einsatz.
Kurzurlaub in Bayern bei idealem Reisewetter!
Ein Verwandtschaftsbesuch in Bayern bot sich an, um einen Kurzurlaub von Forchheim nach Bad Steben mit einer Radtour bei idealem Reisewetter zu kombinieren. Während meine Partnerin ohnehin lieber den Verwandtschaftsbesuch auskosten wollte, stand mir der Sinn nach einer erholsamen „Liegeradtocht“. Ca. 120 Kilometer hatte ich errechnet. Kein Problem mit einem bequemen Liegerad!
Das Wetter sollte ja wohl mitspielen in diesem August. Mehr aus Routine packte ich aber auch Regenbekleidung in meine Satteltaschen, außerdem zeigte meine Wetter App durchaus auch Regentropfen für die Reisetage in Bayern an.
In Forchheim erlebten wir einen Schönwettertag, als ich mein zusammenklappbares Liegedreirad entfaltete und für die Reise ausstattete. Vorfreude machte sich bemerkbar. Seit langer Zeit, in diesem, durch das Coronavirus so unbrauchbar gewordene Jahr, sollte es endlich losgehen.
Das Liegerad verbrachte die Nacht vor der Abreise unter einem Balkonvorsprung. Nur gut! Sonst wäre das Sitzkissen schon vor der Abreise nass geworden, denn in dieser Nacht regnete es zur Freude aller Gartenbesitzer ausgiebig.
Ich zögerte meinen geplanten Start hinaus. Beim Frühstück erklärte ich noch weltmännisch, den Start um einen Tag verschieben zu können, falls es weiterhin regen sollte!
Ich bin wie „angefixt“…
Aber irgendwie bin ich wie „angefixt“, wenn eine solche Reise bevorsteht.
Eine Regenpause deutete ich als ein Signal „von ganz oben“ und startete in mein zweitägiges Urlaubs-Zeitfenster.
Die vermeintliche Regenpause hielt nicht das, was sie versprach – ein leichter Landregen setzte ein, als ich nach wenigen Kilometern die erste Erhebung für diesen Tag in Angriff nahm. Na ja – Erhebung ist etwas untertrieben, ich musste ganz schön stampfen um diesen ersten Berg (Pinzberg) zu überwinden. Doch wie heißt es so schön: „Jeder Berg hat zwei Seiten“ – und so freute ich mich auf die Abfahrt und auf das nach meiner Einschätzung kurzfristig zu erwartende bessere Reisewetter. „Wahrscheinlich hat der Regen auf der anderen Seite des Berges schon aufgehört“, redete ich mir ein. In den Alpen ja ein typisches Phänomen. Na ja, es hat nicht geklappt. Eher im Gegenteil. Es regnete sich ein, der Regen wurde stärker und die Tropfen immer größer.
Auch die regelmäßigen Abfahrten wurden gefährlicher, wenn sich bei höherer Geschwindigkeit in den Spurrillen den Begriff „Aquaplaning“ einstellte. Ist das nicht eigentlich nur ein Thema für Autofahrer?
Die unzähligen Anstiege waren zwar insofern deutlich ungefährlicher, aber eben doch ganz schön heftig für ein Nordlicht wie mich.
Die Natur am Wegesrand ließ erahnen, wie schön es hier eigentlich sein könnte. Trotzdem brauchte ich eine ganze Menge Eigenmotivation, um wenigstens einige positive Wahrnehmung für mich auszumachen.
Meine Wegzehrung mochte ich bei diesem schlechten Reisewetter gar nicht aus den Satteltaschen herauskramen. Wie schmeckt denn ein ansonsten so leckeres Brot, dass schon auf dem Weg von der Tüte zum Mund pitschnass würde!? Und anhalten – bei dem Wetter nicht angezeigt. Nicht einmal einen Blick auf die Navigation meines Handys oder auf eine Landkarte gönnte ich mir, da schon alles an mir vor Feuchtigkeit triefte.
Die Ortsnamen in diesem Landstrich kamen mir eigentlich alle sehr unbekannt vor, und so orientierte ich mich eher nach der Himmelsrichtung, als nach knallharten Fakten einer richtigen Landkarte.
Ich orientierte mich an der Himmelsrichtung
So blieb es nicht aus, dass irgendwann die Unsicherheit nach einem langen Anstieg siegte und ich mir mein Handy mit tropfnassen Fingern aus der Satteltasche fingerte. Ich warf einen Blick auf meinen Standort. Oh – ich hatte mich 10 Kilometer von meiner Ideallinie entfernt. Die Tatsache, dass es zurück bergab ging, half mir bei der Entscheidung zurückzufahren anstatt eine alternative Strecke zu suchen. Und so kam ich recht schnell wieder an eine mir bereits bekannte Position. Offensichtlich hatte ich auf dem Hinweisschild den kleinen Richtungspfeil nicht richtig erkannt.
Leider passierte mir dies zu einem späteren Zeitpunkt noch einmal. Erneut war der Regen dafür verantwortlich, dass ich mir nicht regelmäßig auf meinem Handy meine Position anzeigen ließ.
Inzwischen war es 16:00 Uhr geworden, als ich in dem kleinen Ort unter einer riesigen Linde, Schutz vor dem Regen suchte und mir die Zeit für eine schnelle Orientierung nahm. Verdammt. Wieder verfahren. Ich verspürte Hunger auf eine Brotzeit und suchte nach einem trockenen Unterschlupf. Ich war pitschnass und total verdreckt. Auf meinem Liegeradsitz saß ich in einer Wasserpfütze und das sorgte für ein unangenehmes Gefühl. (Nach der Reise werde ich mir einige Löcher in den Sitz bohren, damit das Wasser nach unten abfließen kann). Das Spritzwasser, das mir den ganzen Tag um die Ohren spritzte, hatte deutliche Spuren auf mir und meinem Gepäck hinterlassen.
Totales Sch…wetter – kein Reisewetter!
Nach meinem Kilometerzähler hatte ich gut 60 km geschafft. Hinzu kamen 10 km, wo der Kilometerzähler aus undefinierbarem Grunde streikte. Reparaturversuche habe ich ebenfalls aus Witterungsgründen zurückgestellt. Irgendwann beteiligte sich mein „Controlling Instrument“ unaufgefordert wieder an der Kilometeraufzeichnung.
Im nächsten Ortskern verlockte mich eine gemütliche Gaststätte zu einer Pause und als die Gaststätte dann noch auf ein benachbartes Hotelangebot hinwies, war meine Entscheidung getroffen. Ich unterbrach meine Tour. Morgen würde ich die verlorenen Kilometer wieder wettmachen!
Im Hotel habe ich meine gesamten Klamotten auswaschen müssen und dann konnte ich heiß duschen. Herrlich!
Jetzt erst einmal ein bayrisches Bier trinken. „Schmidt Bräu Bier“ – kannte ich bisher nicht, tat aber sehr gut! Es gab Jägerschnitzel, Pommes, Salat ein großes bayerisches Bier und das alles zu einem sensationell günstigen Preis.
Mein Sitzbezug auf dem Liegerad war am nächsten Morgen immer noch nass. Die Temperatur in der Nacht reichte ebenfalls nicht aus, um meine Radklamotten zu trocken. Und so habe ich die Reise abgebrochen, und bin mit meiner Partnerin im Auto die letzten Kilometer mitgefahren 🙁 .
Frage: Ist diese Geschichte nun unter Tagesetappe oder Mehrtagesetappe einzuordnen?
Meine Antwort: Ich verbuche sie unter Tipps und Erfahrungen!