Knotenpunkte – auf der Wasserschwertroute von Nordhorn nach Coevorden
Mit dem Rad nach Coevorden – auch ohne Knotenpunkte – für jeden Grafschafter Radfahrer eigentlich keine wirkliche Herausforderung – die Strecke könnte man gut an einem Tag hin und zurück fahren, und in meinem Kopf formte sich schon eine Radroute, bestehend aus der Aneinanderreihung der Orte Neuenhaus, Emlichheim, Coevorden.
Ich hatte jedoch im Nordhorner VVV ein Begleitheft zum „Wasserschwertradweg“ entdeckt und der Titel, die Aufmachung und die interessanten Fotos hatten mich neugierig gemacht und zum Kauf des „Spiralos” animiert.
Beim Studium des Begleithefts wurde schnell klar, dass die Strecke sich an den in der Grafschaft beliebten Knotenpunkten orientiert und eine Rundstrecke mit ca. 120 km vorschlug, die deutlich länger war als meine erste Einschätzung. Aber wie sagt man: „Der Weg ist das Ziel“ und inspiriert durch die vielen Fotos planten mein Kumpel Kalle und ich noch diese “kleine Auszeit” mit unseren Liegerädern ein. Ca. 60 km Hin- und 60 km Rückweg sind zu viel, wenn man auch noch etwas von Coevorden sehen und sich auf die Landschaft und die Natur einlassen will. So planten wir für unseren Kurzurlaub eine Übernachtung bei „Vrienden op de Fiets“ in Nordhorns Partnerstadt Coevorden ein.
Und – die Tour nach Knotenpunkten hat sich gelohnt!
…es knallte beim Knotenpunkt 43
Kurz vor dem anvisierten Wasserschwert, also direkt wenige Kilometer vor unserem Tagesziel Coevorden gab es einen lauten Knall. Ungläubig schaute ich in meinen Rückspiegel. Wollte uns jemand erschrecken? Verfolgte uns jemand? Das hörte sich doch eher nach einem geplatzten Reifen an! Schnell realisierte ich an dem fehlenden Dämpfungskomfort, dass mein Hinterreifen der Auslöser war!
Ich bremste und schaute zunächst einmal ungläubig auf mein Hinterrad und entfernte die Satteltaschen, um das Rad besser untersuchen zu können. Der Schlauch war tatsächlich geplatzt. Wie kann das denn passieren? Schon rasch realisierte ich, dass der ausgefranste Riss im Schlauch zu lang war, als dass man ihn hätte reparieren können. Den Ersatzschlauch, den ich üblicherweise bei meinen Radunternehmungen immer dabeihatte, lag dieses Mal jedoch zu Hause, weil ich der Auffassung war, dass für solch eine kurze Tour kein Ersatzschlauch erforderlich sei. Mein Freund Kalle bot sich an, einen Ersatzschlauch aus dem glücklicherweise nur zwei Kilometer entfernten Coevorden zu holen.
Dabei hatte der Tag heute so gut angefangen:
Das Wetter zeigte sich von seiner besten Seite. Es war spätsommerlich kühl, aber sonnig, ideal für eine solche Tour. Ich holte heute morgen schon recht früh meinen Kumpel Kalle in Neuenhaus ab und nach der ersten Stunde auf unseren baugleichen Liegerädern hatten wir eine Wanderhütte für eine Frühstückspause gefunden. Was heißt gefunden, wir wurden durch die Knotenpunkte-App an diesen Ort „geführt“.
Wir kannten uns eigentlich in dieser Region gut aus und wussten, dass wir in Esche eine Schutzhütte vorfanden, die ihresgleichen sucht. Regelmäßig fahren wir mit unserer Liegeradgruppe, der „Grafschafter Liegeradfraktion“, in die Niedergrafschaft, und wir hatten hier schon öfter pausiert. Jetzt tranken wir Kaffee aus der Thermoskanne. Wir genossen die Ruhe und stimmten uns auf eine genussvolle Tour ein. Wir wollten uns unterhalten, die Natur genießen und die Radsaison mit dieser Tour zu Ende bringen.
Knotenpunkte von einer freundlichen Stimme ansagen lassen
Um uns komplett auf die Tour einzulassen, hatten wir uns darauf verständigt, die Knotenpunkte von der App auf dem Handy ansagen zu lassen. Einfacher geht es wirklich nicht mehr. Regelmäßig kurz vor den zahlreichen Knotenpunkten am Wegesrand meldet sich eine Stimme auf dem Handy und sagt: Sie nähern sich dem Knotenpunkt „XY“. Der nächste Knotenpunkt ist „Z“. Da kann man schon wirklich nichts mehr falsch machen. Und wenn wir zu weit fuhren oder einen Knotenpunkt übersehen hatten, fragte die Stimme uns ganz vertraut: Bist DU noch auf dem richtigen Weg? Auch das passierte, weil wir „Besserwisser“ glaubten, die Strecke zu kennen und uns zuweilen nicht auf die vorgeschlagene Route einlassen konnten. Typisch 😉
Radfahren nach Knotenpunkten!
Digital oder nach Karte?
Beides ist möglich!
Das Knotenpunktsystem ist ideal für Radfahrer, die konventionell nach einer Karte fahren oder digital eine App nutzen!
Unter diesem Link kannst Du beide Varianten kostenlos finden und nutzen!
Das Knotenpunktsystem in der Grafschaft Bentheim!
Aber auch andere Routen in der Grafschaft Bentheim kannst Du auf dieser Seite finden:
Eigentlich ist diese App ein tolles Hilfsmittel. Sie kostet nichts, man kann selbst eine Strecke einfach am PC planen oder, wie in diesem Fall, die im Begleitheft vorgegebenen Knotenpunkte übernehmen und sich dann unterwegs vom Handy dirigieren lassen. Wir konnten so eine ausgewiesene, erprobte, touristische Strecke fahren, auf die wir wohl nie gekommen wären, hätten wir uns nicht auf die Knotenpunkte eingelassen.
Ich glaube, das war die größte Herausforderung für uns: sich einfach einmal so weit zurückzunehmen und sich von einer Stimme aus dem Handy in dieser uns bekannten Region zu folgen, ohne zu überlegen, wie man üblicherweise radeln würde. Und so radelten wir häufig nebeneinander unter wunderschönen Baumreihen entlang, häufig sogar zu zweit auf breiten landwirtschaftlichen Wegen, Straßen und Alleen nebeneinander, mit wenig Autoverkehr.
Beim letzten „Anfietsen“ im Frühjahr dieses Jahres war ich einige Teilstrecken wohl schon gefahren. Aber es war Herbst geworden, einige Monate waren ins Land gegangen und die Natur hatte sich verändert. Trotzdem erkannte ich einzelne Knotenpunktabschnitte wieder. So erreichten wir auf Nebenstrecken Emlichheim und gönnten uns ein mit Bouletten belegtes Brötchen in einem Café, das mir in vielen Jahren bisher nicht einmal aufgefallen war. Anschließend setzten wir unsere Reise in Richtung Coevorden fort.
Jetzt ist es inzwischen 14:50 Uhr:
Nach dem „Reifenplatzer“ sitze ich seit etwa 20 – 30 Minuten hier alleine auf diesem schmalen Radweg und warte auf meinen Kumpel Kalle mit einem neuen Fahrradschlauch. Regelmäßig kamen Radfahrer an mir vorbei, mehrere boten mir ihre Hilfe an, als sie merkten, dass ich eine Panne hatte. Aber mein Kumpel Kalle war bereits im Zentrum von Coevorden unterwegs und kaufte einen neuen Fahrradschlauch. Ich meine sogar, ihn gerade jetzt am Horizont zu erkennen.
… typisch niederländisch!
Und ja, das ist wieder einmal typisch Niederlande. Der Fahrradhändler hatte ihm zwei Reifen oder Schläuche zur Auswahl mitgegeben, da Kalle nicht genau wusste, welches Ventil ich benötigte. „Den anderen kannst Du mir wieder zurückbringen, wenn ihr angekommen seid“, war sein freundlicher Kommentar zu unserem Unglück.
Wir zogen den neuen Schlauch auf und erst jetzt bemerkte ich, dass der Reifenmantel direkt an dem Draht einen langen Riss auf der Seite aufwies. Also benötigte ich jetzt auch noch einen neuen Mantel, und Kalle führte mich zu dem freundlichen niederländischen Fahrradhändler. Der brauchte lediglich 30 Minuten für den Einbau, und wir nutzten die Zeit, um Coevorden aus der Fußgängerperspektive zu erkunden. Wir gönnten uns einen „Koffie met Appelgebak“ in einem Straßencafé direkt am Marktplatz.
Wie vereinbart konnten wir das Rad wieder abholen und radelten dann in unser vorbestelltes Quartier von “Frieden op de fiets”. Wir fanden es ganz nahe im Zentrum der Stadt. Dort hatten wir uns per E-Mail bereits angekündigt und wurden auch schon erwartet.
„Vrienden op de Fiets“
In den NL gibt es eine äußert günstige Übernachtungs-alternative für Radfahrer!
Alljährlich erhalte ich das neue Übernachtungs-verzeichnis von „Vrienden op de Fiets“.
Inzwischen bin ich Mitglied mit einem jährlichen Beitrag von 10 Euro und zahle pro Übernachtung mit Frühstück 25 Euro (p. P.), Kinder bis 12 Jahren 14 Euro. Eine äußert günstige Übernachtungsalternative für Radfahrer zu den doch häufig recht teuren Hotels in den Niederlanden.
Vor allem aber lernt man niederländische Radfahrer kennen, denn die Gastgeber sind in der Regel selbst begeisterte und langjährige Radfahrer und können häufig ganz tolle Tipps vor Ort geben.
Direkt im Zentrum von Coevorden fanden wir ein Quartier in einem gemütlichen Einfamilienhaus und richteten uns im Gästezimmer unter dem Dach ein. Bei der früh einsetzenden Dunkelheit spazierten wir in die Stadt zum Essen und genossen ein unbekanntes Bier aus einer kleinen örtlichen Brauerei und wir freuten uns schon wieder auf die Rückreise – ebenfalls auf Knotenpunkten, aber mit einem ganz anderen Streckenverlauf.
Am nächsten Morgen starteten wir schon früh nach einem üppigen Frühstücken in einen unerwartet nebeligen Tag. Die Sichtweite betrug kaum 50 Meter, und so konnten wir die ersten Kilometer gar nicht richtig wahrnehmen. Viel zu sehr mussten wir uns auf die Streckenführung und die plötzlich aus dem Nebel auftauchenden Autos konzentrieren.
Ohne es zu merken, waren wir wieder auf deutschem Gebiet und erst in Wilsum wurde die Sicht etwas besser. Die Fahrradfähre über die Vechte bei Laar war schon nicht mehr in Betrieb und so mussten wir einen kleinen Umweg in Kauf nehmen.
Wir erfuhren Gegenden, die wir eigentlich kannten, aber bisher auf einer unserer Radtouren noch nie so bewusst wahrgenommen hatten.
Zwischen Wilsum und Uelsen radelten wir durch ein riesiges Waldgebiet, wo drei Hütehunde ihre Schafherde vor uns verteidigen wollten. Wir fühlten uns als Eindringlinge in dieser unberührten Waldregion und merkten, wie wenig wir auch unsere nähere Umgebung kannten. Auch realisierten wir, wie sehr diese Knotenpunktstrecke durch waldreiche Gegenden führt.
Inzwischen kamen uns die Radwege wieder sehr bekannt vor. Wir näherten uns Neuenhaus.
Fazit:
Diese kleine Auszeit hat uns wunderbar gefallen. Eine zweitägige, gemütliche und einfach zu fahrende Radtour ohne viel Planungsaufwand, ohne Auto und aufwendige Anreise in einer tollen Umgebung auf fahrradfreundlichen Wegen. Wir haben gesehen, dass die Knotenpunkte eine ideale Alternative zu den bekannten Strecken darstellen, die wir schon kennen. Man muss sich wirklich nur einmal darauf einlassen, auf unbekannten Wegen bekannte Strecken zu erfahren.
Eine tolle Erfahrung, und wir waren beide begeistert von der „Wasserschwertroute“ in unsere Partnerstadt Coevorden.